Betreff:   infrastruktursenat
Datum:   Fri, 27 May 2011 10:11:40 +0200 
Von:  MarliesMeyer<marlies.meyer@gruene.at>
An:  diverse Empfänger
CC:  diverse Empfänger


Liebe Bürgerinitiativen, NGO-VertreterInnen und ExpertInnen (Verteiler erweitert),

 

 

zur beschleunigten und glatten Genehmigung aller Infrastrukturprojekte soll im BMVIT ein „Infrastruktursenat“ eingerichtet werden.

Darüber haben wir schon im Herbst berichtet und 2011 auch ein UVP-Meeting abgehalten.

 

 Sowohl Faymann/Ostermayer (siehe Aussagen im Verfassungsausschuss) als auch Berlakovich (siehe Aussagen im Umweltausschuss)

 haben diesem Vorstoß von BM Bures, hinter dem die ASFINAG, die ÖBB aber offenbar  auch die Flughafen AG stehen,

grundsätzlich zugestimmt. Auch die Landeshauptleutekonferenz geht offenbar von der Einführung des Infrastruktursenats aus

(siehe Beschluss vom 19. Mai 2011). Ein Gesetzesentwurf könnte noch vor dem Sommer im Parlament zur Beschlussfassung anstehen.

Das Vorhaben könnte nur mit einer Zustimmung von 2/3 verwirklicht werden, dh die Opposition trägt besondere Verantwortung.

 

Gegen den Umweltsenat müssen wir entschieden auftreten, denn dies bedeutet eine Beschneidung des derzeit zuständigen

Umweltsenats beim BMLFUW inklusive Abbau wesentlicher Partizipationsstandards und allenfalls auch Genehmigungsstandards.

Diesbezüglich ist das Schlimmste zu befürchten, denn dies ist ja der Zweck der Übung.

Diese Änderung würde sich auch  

auf laufende Projekte auswirken wie z B Güterterminal Inzersdorf, Semmering-Basistunnel, Brenner-Basistunnel,

3. Piste am Flughafen Wien.  

Eine eigene neue Behörde widerspricht dem Vorhaben Verwaltungsreform!

 

Hintergrund: Der Verwaltungsgerichtshof entschied im Herbst vorigen Jahres, dass die Prüfung von Straßen und Eisenbahn-Projekten

nur durch eine Instanz – nämlich das BMVIT – nicht der UVP-Richtlinie und der Grundrechtscharta der EU entspräche.

In direkter Anwendung des EU-Rechts entschied der VwGH, dass nunmehr gegen UVP-Genehmigungsbescheide

des Verkehrsministeriums der Umweltsenat angerufen werden kann. Von dieser Möglichkeit haben

zB die Brenner-Basistunnel-Gegner Gebrauch gemacht. Der Umweltsenat ist mit RichterInnen, BeamtInnen des Bundes

und des Landes als nebenberufliches Organ eingerichtet. Er ist Berufungsinstanz gegen UVP-Bescheide

der Landesregierungen und hat etwa die Genehmigung des Projektes Spielbergs durch die steirische Landesregierung

wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben. Auch im Fall von Schiliftanlagen hat er schon Zähne gezeigt (Mutterer Alm).

Er gilt daher den Mächtigen als unberechenbar. Das Verkehrsministerium will sich unter keinen Umständen

der Kontrolle dieses unabhängigen Organs stellen und will daher einen hauseigenen Infrastruktursenat schaffen, der von ihm besetzt wird.

In einem Zug sollen auch alte Zuständigkeiten des Umweltsenats transferiert werden: Prüfung von UVP-Entscheidungen

über Flugpisten und Güterterminals.

 

Das UVP-G 1993, an dem wir 93 wesentlich mitgearbeitet haben, würde damit existentiell ausgehöhlt.

Was ist das für ein Umweltminister, der hier noch mitspielt? Wir müssen das verhindern!

Keine Sonderlösungen, keine weiteren Privilegien für Verkehrsprojekte zu Lasten von Mensch und Umwelt!

MLG MM