Wien-Schwechat: Brüssel prüft Flughafen-Ausbau

25.06.2007 | 17:50 |  VON MICHAEL LOHMEYER (DiePresse.com)

Beschwerde. Die EU-Kommission entscheidet, ob ein Klagsverfahren gegen Österreich eingeleitet wird.

WIEN. Die ambitionierten Pläne des Wiener Flughafens stehen morgen, Mittwoch, auf dem Prüfstand der EU-Kommission: Es wird geklärt, ob ein Verfahren weitergeführt wird. Eine Klage gegen die Republik Österreich würde damit immer wahrscheinlicher. Oder aber das Verfahren wird eingestellt.

Konkret geht es um den Flughafen Wien-Schwechat, Fluglärm-Gegner haben der EU-Kommission eine Sachverhaltsdarstellung geschickt. Darin wird ins Treffen geführt, dass seit den 1990er Jahren umfangreiche Maßnahmen durchgeführt worden sind, um den Flughafen Wien-Schwechat aufzuwerten und aus ihm eine Drehscheibe in Europas Flugverkehr zu machen.

Ist die Suppe zu dünn?

Resultat dieser Bemühungen: das Hochschnellen der Passagierzahlen (siehe Artikel rechts). Fluglärmgegnern ist diese Entwicklung nicht nur ein Dorn im Auge, sondern sie erachten darin auch eine grobe Verletzung der EU-Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Denn für all die Projekte der Vergangenheit ist keine UVP durchgeführt worden.

Konkret geht es unter anderem um

* den Bau eines Busterminals in den Jahren 2002 bis 2004

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die Errichtung von 26.000 m2 Büro- und Konferenzflächen mit Parkplätzen für 250 Fahrzeuge,

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die Inbetriebnahme des neuen Towers,

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die Errichtung eines Air Cargo Centers mit einer Fracht-Umschlagsfläche von 22.500 m2 2004/05,

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den Bau einer Abstell- und Servicehalle für Geräte mit 20.000 m2 Fläche und

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die Aufstockung und Erweiterung von Parplatzflächen und Parkhäusern.

* Eine UVP ist schließlich auch nicht für „Skylink“ vorgesehen, den Bau eines weiteren Terminals mit 17 Andockpositionen – unter anderem für fünf Großraumflugzeuge wie Airbus A 380.

Dazu kommt noch, dass das Flughafen-Management seit Jahren marktwirtschaftliche Maßnahmen setzt, die in den vergangenen 20 Jahren die Zahl der Passagiere mehr als verdreifacht hat.

Die EU-Kommission befindet am Mittwoch, ob die Suppe zu dünn ist, dass die Beschwerde weiterverfolgt wird – oder ob der Weg zu einer Klage gegen die Republik weiter verfolgt wird. Der nächste Schritt wäre, dass im Büro von Außenministerin Ursula Plassnik ein Brief der Kommission einlangt, in dem Österreich um „begründete Stellungnahme“ ersucht wird. Im Klartext: Die bisherigen Rechtfertigungen haben nicht ausgereicht.
„Keine Kapazitätserweiterung“

Am 21. März hatte die Republik ein Statement nach Brüssel übermittelt, in dem in 57 Punkten dargelegt wird, weshalb keine der kritisierten Maßnahmen die Steigerung der Passagierzahlen bewirkt habe. Im Übrigen seien im österreichischen UVP-Gesetz die Erfordernisse der Brüsseler UVP-Richtlinie erfüllt.

In einem Fall sei in einem Feststellungverfahren geprüft worden, ob das „Skylink“-Projekt UVP-pflichtig sei. Der Sachverständige der niederösterreichischen Landesregierung sei zum Schluss gekommen, dass dies nicht der Fall sei – das neue Terminal werde in erster Linie deshalb benötigt, um Staatsangehörige aus dem größer werdenden Schengen-Raum (die ohne Zollformalitäten einreisen dürfen) von den übrigen Passagieren zu trennen. Auch das habe mit einer Kapazitätserweiterung nichts zu tun.

„Flughafen ist Geldmaschine“

Johannes Bischof, Sprecher der Wiener Initiative „Gegenflieger“: „Der Flughafen ist eine Geldmaschine. In der Entscheidung, die am Mittwoch in Brüssel fallen wird, geht es auch darum, ob die EU zu ihren eigenen Richtlinien steht und sie ernst nimmt.“ Bischof wettert dagegen, dass Fluglärmgegner „innerstaatlich bisher keine Parteistellung gehabt haben“. Partei ist die Initiative in Brüssel auch nicht, es gibt keine Einsicht in Akten. Aber: Bei Susanne Heger, der Anwältin der Initiative, hat die Kommission zumindest angefragt: „Sind Sie am 2. Juli verfügbar? Wir werden Anfragen haben.“